31. Oktober. 23:00 Uhr
Es war eine dunkle Nacht. Das einzige Licht, das den Friedhof ein wenig erhellte, war der große Vollmond, der am Himmel stand. Nebelschwaden lagen über den Gräbern und von einer Sekunde auf die andere, verschwanden diese und an ihrer Stelle stand eine dunkle Gestalt auf dem Friedhof.
„Du hast es geschafft!“, rief eine fröhliche Frauenstimme und ein weißer Wind wirbelte um die schwarze Gestalt herum, bevor die Geisterfrau vor der Gestalt zum Stillstand kam. „Natürlich habe ich es geschafft Marie. Auf mich ist schließlich Verlass. Nicht so wie auf die anderen.“ „Sag sowas doch nicht Victor. Morgana kann doch nichts dafür!“ „Laufen ist auch nicht wirklich schwer“, murmelt Victor. „Sie ist vielleicht die Jüngste von uns, aber die jenige, die am wenigsten beweglich ist“, entgegnet Marie. „Das sagt sie doch nur. Sie hat bestimmt einen Zauber, der sie jünger machen würde.“ „Redet man hier etwa über mich?“ Fragt eine alte Frau, die wie aus dem Nichts gekommen ist. „Morgana!“ ruft Marie fröhlich und fliegt auf sie zu. „Ganz ruhig meine Liebe“, sagt Morgana und lacht leicht. „Victor ist anscheinend so grießkrämig wie jedes Jahr.“ „Es wundert mich, dass du noch nicht Staub bist Morgana“, sagt Victor mürrisch. „Was hast du den gegen Staub?“, fragt eine fröhlichere Stimme und eine Mumie kommt auf die kleine Gruppe zu. „Cheops! Wurdest du schon wieder rausgelassen?“, fragt Morgana. „Ach Osiris ist das an Halloween egal. Da falle ich gar nicht auf.“ „Ich verstehe immer noch nicht, wieso sich Leute gerne als Mumie verkleiden“, murmelt Victor mürrisch. „Du bist doch nur sauer, weil Leute Vampire nicht mehr als etwas Unheimliches sehen!“, sagt Marie und grinst ihn leicht an. Victor murmelt etwas Unverständliches. „Die Stimmung ist ja schon wieder bestens hier“, sagt ein Kürbis mit einer eingeschnittenen Fratze der von einer Vogelscheuche getragen wird. „Zamba! Mike! Schön, dass ihr es auch geschafft habt“, sagt Marie lächelnd, bevor sie sich umschaut: „dann sind wir komplett!“ „Für das wer weiß wie vielte Mal“ sagt Cheops. „Ist doch super!“, sagt Marie fröhlich und schwebt leicht nach oben in die Luft.
„Gleich kommt wieder die Frage, wie unser Jahr war“, murmelt Victor. „Genau! Also wer will anfangen?“ Marie schaut kurz in die kleine Runde. „Morgana! Wieso fängst du nicht an?“ „Wie du meinst… Mein Jahr war, wie es nun mal seit 1997 ist. Alle wollen Hexen sein! Dagegen habe ich ja nichts, aber sie sehen das komplett falsch. In meiner Zeit hatten die Leute noch Angst verbrannt zu werden, wenn sie sagten, dass sie Hexen werden wollten! Und jetzt? Was ist aus Hexen geworden!?“ „Du siehst das immer noch etwas zu streng…“, meint Marie. „Ph. Das siehst du vielleicht so!“ „Und wie war dein Jahr noch so? Ohne Gemecker?“ „Ja…ganz okay“ murmelt Morgana. „Na also“, sagt Victor. „Und bei dir?“, fragt Morgana ihn.
„Ich könnte mich auch beschweren. Allerdings gibt es inzwischen ja Vampire, die sich genauso benehmen wie in den Büchern. Zwar müssen wir sie dann für ein paar Jahrhunderte unter Arrest stellen, aber… sonst war mein Jahr auch ganz gut. Ich hatte eigentlich viel Spaß.“ „Spaß?“ „Ein paar Leute scheinen es lustig zu finden, in verlassene Häuser zu kommen und in diesen nach Geistern zu suchen. Also dachte ich, gebe ich ihnen einen Geist über den sie reden können.“ „Und dabei hast du nicht daran gedacht, mich um Hilfe zu bitten?“ fragt Marie empört. „Ich dachte du hast genug zu tun“, sagt Victor schulterzuckend. „Frag vielleicht mal bevor du denkst.“ „War dein Jahr denn wirklich so langweilig?“ fragt Cheops. „Nein… eigentlich nicht. Ich hatte auch ein bisschen was zu tun. Gab ein paar Unruhen nichts nennenswertes.“ „Also ist wahrscheinlich fast die Welt untergegangen“, murmelt Cheops. „Und bei dir so?“ fragt Marie jetzt Cheops.
„Na ja… Ich bin immer noch beliebt bei manchen Kindern. Manche Archäologen suchen immer noch nach Freunden von mir und sonst…war das Jahr relativ langweilig.“ „Na dann“, Marie schaut kurz zu Zamba und Mike: „euer Jahr war ja anscheinend gut genug, dass ihr noch am Leben seid.“ Das Einzige, was sie zurück bekam war ein gemeinsames Nicken. „Perfekt“, Morgana schaut in den Himmel. „Noch 5 Minuten. Dann ist Mitternacht.“ „Na dann… ich hoffe, dass euer nächstes Jahr gut wird…wir sehen uns“,sagt Marie und lächelt leicht. „Ja, bis dann“, sagt Victor. „Man sieht sich“, sagt Morgana mit einem Nicken in Richtung Victor. „Ich komme wie immer in einem Monat vorbei“, sagt Cheops, der neben Marie steht.
Bevor Marie antworten kann, ist der Friedhof wieder leer. Nur der Nebel schleicht sich langsam wieder um die Gräber. „Bis dann“, sagt Marie lächelnd und löst sich ebenfalls in Luft auf.
Foto Quelle: Paint 3D
Von Ronja